News + Termine

Geschichtsunterricht zum Anfassen – Vortrag über die spektakuläre Ballonflucht aus der DDR an der Realschule Rehau

Einen besonderen Schultag erlebten unsere 10. Klassen kurz vor den Weihnachtsferien. Anstatt über Büchern zu sitzen und die Geschichte Deutschlands durch Textinhalten, Filmausschnitten oder Lehrervorträgen vermittelt zu bekommen, konnten die Zehntklässler Geschichtsunterricht zum Anfassen erleben. In der Pausenhalle des Schulzentrums Rehau verfolgten an diesem Vormittag nicht nur die Realschüler, sondern auch die 9. und 10. Klassen der angrenzenden Gutenberg Mittelschule den Erzählungen Günter Wetzels, dem Konstrukteur des Fluchtballons, mit dem im Jahr 1979 zwei Familien aus der DDR eine der spektakulärsten Fluchten in die BRD gelang. Nicht zuletzt durch die Verfilmung von Michael Bully Herbig 2018 kennen Millionen von Deutschen diese Geschichte. Allerdings erfuhren an diesem Tag die anwesenden Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrkräfte die Hintergründe, Planungen und Abläufe der Fluchtversuche von dem Mann, der die Idee dazu hatte und selbst mit dabei war. Günter Wetzel, mittlerweile 68 Jahre alt, erzählte in seinem zweistündigen Vortrag anschaulich aus seiner Sicht die Geschichte, die nach der erfolgreichen Flucht in den Westen durch die Medien und der beteiligten Familie Strelzyk falsch bzw. anders dargestellt wurde. Bevor er aber seinem Publikum diese genau erklärte, war es ihm ein Anliegen, den Jugendlichen die Beweggründe seiner Flucht sowie die Lebensumstände in der ehemaligen DDR näher zu bringen. Mit Hilfe von Foto- und Zahlenmaterial schilderte er sein Leben in dem sozialistischen Staat. Im Anschluss daran erläuterte Günter Wetzel sehr detailliert, wie er die insgesamt drei Fluchtballons plante, zuhause nähte und wie er sich mehr und mehr in die Thematik vertiefte und mit den für ihn verfügbaren Mitteln immer erfinderischer wurde. So berichtete er davon, wie er seine Nähmaschine elektrisch umbaute oder ein Gerät zur Messung der Luftdurchlässigkeit von Stoffen konstruierte. Aber auch über die Differenzen, die es langsam zwischen den beiden Familien gab, erzählte Günter Wetzel. Letztlich konnten diese für das gemeinsame Ziel überbrückt werden, so dass die beiden Familien Mitte September 1979 ihren Fluchtversuch starten konnten. Günter Wetzel schilderte, dass die Navigation des Ballons schwieriger war als erwartet und sie keine Ahnung hatten, wohin sie flogen. Nach der holprigen Landung, bei der er sich am Bein verletzt hatte, wussten die Flüchtenden nicht, ob sie es in den Westen geschafft hatten. Ein Strommast mit der Kennzeichnung „Naila“ und eine Scheune mit einer „Fendt- Landmaschine“ ließ die beiden Männer aufatmen. Letztlich kam ihnen ein Polizeiauto der Marke Audi entgegen, so dass sie endgültig gewusst hatten, dass sie in der BRD angekommen waren. In den letzten Minuten seines Vortrags erzählte Günter Wetzel noch von seinen ersten Tagen in West-Deutschland und wie es ihm nach der Flucht im Westen ergangen ist. An dieser Stelle betonte Wetzel, dass es ihm wichtig sei, dass die Zuhörer wissen, dass Peter Strelzyk die ganze Sache finanziert hatte, er aber die Idee dazu hatte und den Ballon konstruiert hatte. Nach der Flucht wurde dies von der Familie Strelzyk gegenüber den Medien anders dargestellt. Im Anschluss an den Vortrag konnten die Schüler Fragen an ihn stellen, die er ausführlich beantwortete. Als Dankeschön hatte Initiatorin und Geschichtslehrerin Andrea Friedrich zum Abschluss noch eine Überraschung für Günter Wetzel parat. Da dieser mittlerweile in Chemnitz lebt, vermisst er am Hofer Land natürlich die Hofer Wiener. Daher kam Markus Traub, ein echter Hofer Wärtschlamo, in die Realschule und versorgte den Redner wie auch alle Anwesenden mit warmen Hofer Wärscht. Alle waren sich einig, dass so ein gelebter Geschichtsunterricht durch nichts zu ersetzen ist. Wir sagen vielen Dank an Günter Wetzel und Andrea Friedrich, die diesen Vortrag für die Schule organisiert hat.

 

zurück

Wir sind ausgezeichnet mit folgenden Prädikaten: